Der nächste Schritt hin zum „Unternehmensstrafrecht“
Wie vielen bekannt ist, kursiert seit dem 15. August 2019 der Entwurf zum sogenannten Verbandssanktionengesetz („VerSanG“), welches teilweise das „kleine Unternehmensstrafrecht“ genannt wird. Inhaltlich geht es um die Möglichkeit, Unternehmen und weitere Verbände zu sanktionieren, wenn aus deren Sphäre Straftaten begangen werden. Zu diesem Entwurf gab es positive, aber auch nicht wenige kritische Stimmen.
Wenn auch mehr oder minder übergreifend Einvernehmen darüber bestand, dass es durchaus positiv zu werten sei, dass nun die unternehmensinterne Compliance-Arbeit und auch die Kooperation bei der Aufarbeitung von potentiellen Pflichtverletzungen, insbesondere die Durchführung von internen Untersuchungen, zu Gunsten des Unternehmens mit Blick auf eine etwaige Sanktionierung honoriert werden könnten, ging dies vielen nicht weit genug.
Mit dem 20. April 2020 liegt nun der aktuelle (wohl finale) Entwurf zum VerSanG vor, der die Kritik-punkte an verschiedenen Stellen aufgegriffen hat. Relevant sind dabei insbesondere folgende Punkte:
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Wenn eine interne Untersuchung in Kooperation mit den Ermittlungsbehörden durchgeführt wird und dies zur Aufklärung beiträgt, dann „soll“ dies strafmildernd bei der Bemessung der Sanktion berücksichtigt werden. Zuvor war die Norm als sogenannte „kann“-Vorschrift ausgestaltet.
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Die Anforderung, dass die unternehmensinterne Untersuchung „in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht“ durchgeführt worden sein muss, wurde ersatzlos gestrichen (ehemals § 18 Abs. 1 Nr. 6 VerSanG).
Hintergrund dieser Änderung dürfte sein, dass nicht jeder noch so kleine Gesetzesverstoß bei der Durchführung der internen Untersuchung gleichsam zum Entfallen der Strafmilderungsprivilegierung führen soll. Schließlich soll genau diese Strafmilderungsprivilegierung einen konkreten Anreiz zur Aufklärung und Aufarbeitung durch das Unternehmen geben. Gleichwohl wird auch in Zukunft darauf zu achten sein, dass insbesondere Verstöße gegen das Datenschutz-recht umgekehrt zu eigenständigen, bisweilen schwerwiegenden Verfahren gegen ein Unter-nehmen führen können.
Mit dem neu in das Gesetz eingefügten § 17 Abs. 3 VerSanG wird klargestellt, welche konkreten Umstände bei einer Entscheidung über die Sanktionsmilderung zu berücksichtigen sind:
„Bei der Entscheidung nach Abs. 1 hat das Gericht insbesondere die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung und das Maß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Verband zu berücksichtigen. Eine Milderung nach Abs. 1 ist ausgeschlossen, wenn der Verband die Ergebnisse der verbandsinternen Untersuchung erst nach Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) offenbart“. - Die im vorherigen Entwurfsstand noch vorgesehene Sanktionsmöglichkeit in Form der Auflösung des Unternehmens, respektive des Verbandes, im Fall besonders schwerer Straftaten wurde ersatzlos gestrichen. Auch das ist zu begrüßen. Die Sanktion kann nicht in der Liquidation liegen.
- Interessant ist ebenfalls, dass abweichend von dem Vorgängerentwurf die Bundesrepublik Deutschland, die Länder und ausländische Staaten nicht mehr von der Möglichkeit einer Sanktionierung nach dem VerSanG ausgenommen sind, d.h., dass auch gegen diese Verfahren nach dem Verbandssanktionengesetz geführt werden könnten.
- Eher etwas kosmetisch wirkt die terminologische Änderung dahingehend, dass in der Zukunft die Verbandsstraftat (nur noch) Verbandstat heißen soll. Möglicherweise soll so streng dogmatischen Stimmen Rechnung getragen werden.
- Schließlich wird klargestellt, dass Adressat des Gesetzes nicht jeder Verband – so noch der vorhergehende Entwurf – sondern (nur noch) solche Verbände zählen, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist.