Anspruch auf zusätzliche Vergütung trotz fehlender Ankündigung seines Vergütungsanspruchs gemäß § 2 ABS. 6 Nr. 1 S. 2 VOB/B
Dem Auftragnehmer steht trotz fehlender Ankündigung seines Vergütungsanspruchs gemäß § 2 Abs. 6 Nr. 1 S. 2 VOB/B ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung zu, wenn es für den Auftraggeber offensichtlich ist, dass die von ihm zusätzlich beauftragten Leistungen zusätzlich zu vergüten sind. (OLG Schleswig, Urteil vom 04.08.2018, Az. 12 O 4/18)
Sachverhalt
Der Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer mit der Ausführung von Malerarbeiten. Die Beauftragung erfolgte auf der Grundlage eines detaillierten Leistungsverzeichnisses. Ob die Bestimmungen der VOB/B vereinbart wurden, blieb zwischen den Parteien streitig. Der Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer mit der Ausführung von erheblichen Mehrleistungen, die letztlich zu einer Verdopplung des Auftragsvolumens führten. Die mit diesen Mehrleistungen verbundenen Mehrkosten wurden vom Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber nicht angekündigt. Aufgrund der erbrachten Mehrleistungen machte der Auftragnehmer einen zusätzlichen Vergütungsanspruch in Höhe von rund 24.000,00 € geltend. Der Auftraggeber wendet unter anderem ein, der Auftragnehmer könne einen solchen Mehrvergütungsanspruch nicht geltend machen, da ein solcher Anspruch nicht gemäß § 2 Abs. 6 Nr. 1 S. 2 VOB/B vor der Ausführung angekündigt wurde. Auf die vom Auftragnehmer daraufhin erhobene Klage wird der Auftraggeber zur Zahlung verurteilt. Hiergegen wendet sich der Auftraggeber mit seiner Berufung zum OLG.
Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Das OLG weist die Berufung als unbegründet zurück, da das Landgericht dem Auftragnehmer zu Recht den geltend gemachten Restwerklohn wegen der Beauftragung der Mehrleistung zuerkannt habe. Insoweit könne dahingestellt bleiben, ob, wie der Auftraggeber es geltend gemacht hatte, die VOB/B wirksam in den Vertrag einbezogen wurde. Denn selbst wenn die VOB/B anwendbar wäre, würde der geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht an einer fehlenden Ankündigung dieses Anspruches gemäß § 2 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B scheitern. Eine solche Ankündigung sei vielmehr entbehrlich, da dem Auftraggeber aufgrund des ausführlichen Leistungsverzeichnisses der ursprüngliche Leistungsumfang bekannt war und es somit offensichtlich war, dass die zusätzlich gewünschten und beauftragten Leistungen eine Zusatzvergütung auslösen würde. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass gewerbliche Bauleistungen regelmäßig nicht ohne Vergütung zu erwarten sind.
Praktische Bedeutung der Entscheidung
Grundsätzlich ist die Ankündigung nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 S. 2 VOB/B Anspruchsvoraussetzung für einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung für Leistungen, die vom Auftraggeber nach Vertragsabschluss zusätzlich angeordnet werden (siehe z.B. BGH, Urteil vom 23.05.1996, Az. VII ZR 245/94). Doch hat auch der BGH einem Auftragnehmer trotz versäumter Ankündigung Vergütungsansprüche zugebilligt, wenn die Vertragsparteien bei Forderung der Leistung von ihrer Entgeltlichkeit ausgingen oder wenn der Auftraggeber unter den gegebenen Umständen darüber nicht im Unklaren sein konnte (BGH, a.a.O.; Urteil vom 20.04.1998, Az. VII ZR 67/77). Diese Rechtsprechung ist ausdrücklich zu begrüßen, da dadurch sichergestellt wird, dass dem Auftraggeber keine ungerechtfertigten Vorteile bei einer unterlassenen Ankündigung des zusätzlichen Vergütungsanspruchs entstehen. Insoweit ist ein Auftraggeber auch nicht schutzwürdig, wenn er weiß, dass ein Auftragnehmer nur bereit ist, die von ihm zusätzlich geforderte Leistung gegen zusätzliche Vergütung auszuführen. Jedoch macht der vorliegende Fall deutlich, dass ein Auftragnehmer zusätzliche Vergütungsansprüche vor deren Ausführung stets ankündigen sollte und zwar schriftlich, zumindest in Bautagesberichten, Baustellenbesprechungsprotokollen oder gesonderten Schriftstücken, um insoweit spätere Streitigkeiten von vornherein zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Auftraggeber unter den gegebenen Umständen davon ausgehen musste, dass er die zusätzlichen Leistungen nur gegen Vergütung zu erbringen bereit war, ist nämlich allein von ihm darzulegen und zu beweisen. Dies mag ihm unter Umständen nicht immer hinreichend gelingen.